Akutes Koronarsyndrom (ACS) – von Angina pectoris bis Herzinfarkt

Das akute Koronarsyndrom (ACS) entsteht als Folge einer Arteriosklerose

Das akute Koronarsyndrom (ACS) entsteht als Folge einer Arteriosklerose und ist die akute Form der Koronaren Herzkrankheit (KHK). Dabei handelt es sich um einen Überbegriff für 3 Erkrankungen:

1. ST-Strecken-Hebungsinfarkt (STEMI)

2. Nicht-ST-Strecken-Hebungsinfarkt (NSTEMI)

3. Instabile Angina pectoris mit 4 Schweregraden

STEMI und NSTEMI sind 2 Unterformen des Herzinfarkts, bei dem Herzgewebe abstirbt (Nekrose). Dagegen ist bei einer instabilen Angina pectoris noch kein Gewebe abgestorben, das Herz ist jedoch schlecht durchblutet (Ischämie). Der akute Herzinfarkt (oder: Myokardinfarkt) war im Jahr 2022 die vierthäufigste Todesursache in Deutschland. 

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Wichtig: Bei einem Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom ist es entscheidend, schnell zu behandeln und sofort den Rettungsdienst unter der Telefonnummer 112 zu alarmieren.

Wie entsteht ein akutes Koronarsyndrom?

Das akute Koronarsyndrom entsteht, wenn sich in den großen Herzblutgefäßen ein Blutgerinnsel (Thrombus) bildet. Dafür können 2 Vorgänge verantwortlich sein:

  • Das Blutgerinnsel bildet sich, wenn die oberste Schicht der Ablagerungen (Plaques) in den Gefäßen einreißt (Ruptur) und der Inhalt der Plaques freigesetzt wird.
  • Wenn die Plaques nicht aufreißen, aber die Innenwand des Blutgefäßes insgesamt geschädigt ist oder fehlt, spricht man von einer Plaqueerosion, die ebenfalls zu einem Blutgerinnsel führen kann.

Voraussetzung für die gefährliche Plaque-Bildung ist eine jahrelange Arteriosklerose mit nachfolgender Koronarer Herzkrankheit. 

Bei der Herzinfarkt-Form STEMI kommt es zu einer vollständigen Verstopfung (Verschluss) des Blutgefäßes. Dagegen bleibt der Blutfluss beim NSTEMI und bei der Angina pectoris noch erhalten. 

Abhängig davon, in welchem Teil des Herzens der Gefäßverschluss stattfindet, stirbt das jeweilige Herzgewebe schneller oder langsamer ab. Falls die linke große Herzkammer betroffen ist, dauert es etwa 6 Stunden, bis der Gewebebereich um den Infarkt abgestorben ist. Bei der rechten Herzkammer ist diese Zeitspanne etwas länger. Wie viel Herzgewebe abstirbt, hängt ebenfalls vom Ort des Infarkts ab. Bei einem Herzinfarkt in der Vorderwand wird meistens mehr Gewebe beschädigt als bei einem Hinterwandinfarkt.

Was sind die Symptome eines akuten Koronarsyndroms?

Die Symptome eines Herzinfarkts und einer Angina pectoris gehen ineinander über. Typisch für einen Herzinfarkt sind sehr starke Schmerzen im Brustkorb („Vernichtungsschmerzen“), die mindestens 20 Minuten andauern und sich wie eine schwere Beklemmung oder Einschnürung anfühlen. Im Gegensatz zu einer Angina pectoris ist es bei einem Herzinfarkt nicht möglich, diese Schmerzen mithilfe von Nitroglycerin (Nitrat) zu lindern oder abzustellen. Bei manchen Infarkt-Formen können die Schmerzen zudem mit Übelkeit, Brechreiz oder einem Schweißausbruch einhergehen. Diese Symptome können zu einer Verwechselung mit beispielsweise Magen-Darm-Erkrankungen führen.

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Wichtig zu wissen: Bei manchen Menschen – insbesondere Frauen, älteren Personen oder bei Diabetes – kann es zu einem „stummen“ Herzinfarkt ohne Symptome kommen.

Wie wird das akute Koronarsyndrom diagnostiziert?

Bei Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom ist ein unverzügliches Elektrokardiogramm (EKG) mit 12 Standardableitungen die erste und wichtigste Diagnosemethode. Anhand des EKG-Kurvenverlaufs können die Ärzt*innen die 3 Formen des akuten Koronarsyndroms unterscheiden und zum Beispiel den Ort des Infarkts herausfinden. 

Außerdem können nach der Akutbehandlung ergänzende Laboruntersuchungen folgen, mit denen verschiedene Eiweißstoffe überprüft werden. Bekannt ist beispielsweise der Troponin-Schnelltest. Troponin ist ein Eiweiß, das in den Herzmuskelzellen gebildet wird. Bei einer Schädigung der Muskelzellen, beispielsweise durch einen Herzinfarkt, gelangt Troponin in größeren Mengen ins Blut.

Daneben stehen weitere Diagnoseverfahren zu Verfügung:

  • Mit dem Herzultraschall (Echokardiografie) kann die Schädigung durch den Herzinfarkt näher untersucht werden. Er eignet sich allerdings nicht, um einen Herzinfarkt nachzuweisen.
  • Mithilfe der Angiografie lassen sich die Herzblutgefäße sichtbar machen. Sie wird zum Beispiel verwendet, wenn das EKG oder der Troponinschnelltest nicht aussagekräftig sind oder um andere Erkrankungen, wie eine Lungenembolie oder ein Aufreißen der Innenwand der Hauptschlagader (Aortendissektion), auszuschließen. 

Wie lässt sich das akute Koronarsyndrom behandeln?

Innerhalb der ersten Stunde nach einem Infarkt verstirbt rund ein Drittel der Patient*innen. Das Überleben hängt davon ab, wie schnell die Auflösung des Blutgerinnsels (Thrombolyse) gelingt. 

Ein STEMI-Herzinfarkt wird mit den folgenden Schritten behandelt:

  • Akutbehandlung noch vor dem Krankenhaus: 
    Die*der Patient*in wird mit Medikamenten (als Infusion, Spritze, Spray) behandelt, die die Durchblutung fördern, Blutgerinnsel auflösen, das Blut verdünnen und Schmerzen lindern. Außerdem müssen zusätzliche Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen mit speziellen Medikamenten kontrolliert werden. Bei einem Herzstillstand wird selbstverständlich sofort reanimiert.
  • Akutbehandlung im Krankenhaus: 
    In der Klinik geht es darum, das verschlossene Blutgefäß schnellstmöglich zu öffnen (Reperfusionstherapie) – zunächst mit einer perkutanen koronaren Intervention (PCI). Dabei wird versucht, mithilfe eines speziellen langen Röhrchens (Katheter) in das verschlossene Gefäß zu gelangen, es mit Druckluft zu weiten (Ballondilatation) und mit einem kleinen Drahtröhrchen (Stent) offen zu halten. Falls eine PCI nicht möglich ist, setzt man spezielle Medikamente ein, um den Thrombus aufzulösen.
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Bei einem NSTEMI-Herzinfarkt oder einer instabilen Angina pectoris werden zunächst verschiedene Medikamente gegeben, um die Durchblutung zu verbessern und Blutgerinnsel aufzulösen. Abhängig vom Einzelfall kann zusätzlich eine PCI oder eine Bypassoperation durchgeführt werden. Mit einem Bypass wird das verengte Gefäß überbrückt.

  • Intensivbehandlung:
    Nach der akuten Behandlung werden Patient*innen mit einem akuten Koronarsyndrom auf der Intensivstation engmaschig überwacht und erhalten weiter verschiedene Medikamente, beispielsweise um den Herzrhythmus zu stabilisieren, um weitere Blutgerinnsel zu verhindern und um den Cholesterin-Wert im Blut zu senken. Außerdem werden etwaige Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen, Herzschädigungen oder eine Herzbeutelentzündung behandelt. Überdies werden die Patient*innen psychotherapeutisch betreut und allmählich „mobilisiert“. Das heißt, sie dürfen langsam wieder aufstehen und sich in kleinen Schritten körperlich belasten.
  • Rehabilitation und ambulante Nachsorge:
    Nach dem Krankenhausaufenthalt folgt in der Regel eine Anschlussheilbehandlung (Rehabilitation), damit die Patient*innen sich vollständig erholen und zudem lernen, mit ihrer Erkrankung im Alltag umzugehen. Anschließend werden sie von ambulant tätigen Hausärzt*innen und Kardiolog*innen weiterbehandelt. Dabei ist eines der Behandlungsziele, den empfohlenen Zielwert für das LDL-Cholesterin von unter 55 mg/dl oder 1,4 mmol/l zu erreichen und zu halten.

Referenzen:

  1. Richardt G, et al. Akutes Koronarsyndrom. e.Medpedia. Springer Medizin. 14.01.2023, unter: https://www.springermedizin.de/emedpedia/klinische-kardiologie/akutes-koronarsyndrom?epediaDoi=10.1007%2F978-3-662-62939-0_2. Zuletzt abgerufen am 03.05.2024.
  2. Larsen R. Akutes Koronarsyndrom (ACS) und akuter Myokardinfarkt. Anästhesie und Intensivmedizin für die Fachpflege. 2016 Jun 14:680–90, unter: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7531525/. Zuletzt abgerufen am 03.05.2024.
  3. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Koronare Herzkrankheit (KHK). 20.10.2021, unter: https://www.gesundheitsinformation.de/koronare-herzkrankheit-khk.html. Zuletzt abgerufen am 03.05.2024.
  4. Todesursachenstatistik, Statistisches Bundesamt, Stand: 15.11.2023, unter: https://www.gbe-bund.de/gbe/pkg_olap_tables.prc_sort_ind?p_uid=gastd&p_aid=50932813&p_sprache=D&p_help=2&p_indnr=516&p_ansnr=54951233&p_version=3&p_sortorder=a&p_dim_1=D.100&p_dw_1=10104&p_dim_2=D.000&p_dw_2=3738. Zuletzt abgerufen am 03.05.2024.

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